Donnerstag, 7. August 2008

Meet the 40 Jackson Twins

Vor etwa einer Woche bin ich aus meinem gemütlichen Hostel im Norden New Yorks (Einflugschneise vom La Guardia Airport) ins idylische Forest Hills gezogen. Forest Hills ist etwa 2 Quadratmeilen groß und erstreckt sich westlich des Grand Central Parkways bis etwa zum Queens Boulevard in Höhe des Meadow und des Willow Lakes.
Die Gegend weist einen gehobenen Standard auf und ist friedlich und lieb wie ein schlafendes Kind in der Wiege. Es gibt Bäume, breite sehr breite Straßen, ein paar gepflegte Wohnblocks aus rotem Backstein und die üblichen amerikanischen Einfamilienhäuser auf. Die Bewohner sind eine Mischung aus Osteuropäern, Mittelklasseamerikanern und den größeren anderen Ethnien. Also ne ganz brauchbare Gegend wenn man frisch aus dem alten Europa gekommen ist und sich das hier mal anschauen möchte.

Bevor ich umziehen konnte musste ich erstmal einreisen. Und dazu gibts jetzt nen Nachtrag: Während des Fluges muss man ein paar Zettel ausfüllen. Das sollte man gewissenhaft machen und sich nicht verschreiben...
Wenn man sich nämlich verschreibt muss man sich nach Verlassen des Flugzeugs das passende Formular in einem Riesen-Formularstapel (alle möglichen Sprachen und Reisezwecke) am Flughafen suchen und ausfüllen während sich die Leute aus dem eigenen Flugzeug schonmal in die Schlange vor dem Grenzpolizisten einreihen (in der man dann folglich ganz hinten steht. Lange... ohne Klo!).
Während man wartet fühlt man sich ein bißchen an Disneyland erinnert und hofft, auch bald in das große Karussel zu dürfen. Während des Wartens kann man mit den anderen Schlange-Stehenden Witze über die Formulare, Franzosen ("European? At least you're not French.") und die Schlange machen oder den ersten echten Amerikanern (andere Schlange, schnellere Abfertigung) zugucken.
Und dann kommt der böse Mann der das letzte Wort bei der Einreise hat. Er stellt ein paar Fragen ("Wo ist dein Koffer? Was machst du bei Lufthansa? Was hast du studiert? Oh. hab ich auch mal... War mir dann aber nix und ich bin Grenzpolizist geworden. Der Nächste!") und dann ist man drin.
Sehr ernüchternd, da kein Mickey Mouse auf einen wartet um einem zuzuwinken. Dann geht man zum lost baggage Schalter und wimmelt die ersten (halb-legalen) Taxifahrer ab und versucht es mit dem Nahverkehr. Der Nahverkehr ist unauffindbar (auch mit der kostenlosen Subway-Map die man sich unbedingt dort holen sollte). Das einfachste, schnellste und bequemste ist es den Air Train in Richtung Jamaica zu nehmen (fährt alle paar Minuten, Fahrpreis wird nach dem Aussteigen bezahlt - oder auch nicht: "Today's free! Just go through! It's free!"). Danach der Wechsel in die U-Bahn E- oder F-train Richtung Brooklyn / Manhattan und schon hat man seine ersten prägenden Erfahrungen.

Meine Wohnung habe ich über eine nicht so tolle Variante von www.wg-gesucht.de gefunden (www.craigslist.org) und sie war die einzige die ich mir überhaupt angeguckt habe (Ich habs aber bei Mehreren probiert! Ehrlich. Diesmal wirklich..). Wohnungssuche findet in den USA nicht genauso statt wie in Deutschland. Die Anzeigen sind inhaltlich sehr überschaubar ("Room to rent. 4 walls, bed, Queens. Call John 123-456-0815") und sind wegen der größeren Menge an Angeboten in der Regel nach einem Tag nicht mehr wiederzufinden. Wenn man also etwas findet sollte man schnell handeln. Genauso sieht dann auch die Besichtigung aus. Es wird nicht wie in Deutschland lange miteinander geflirtet und sich angerufen, E-Mails geschrieben und verhandelt... Es wird gekauft wie gesehen. Die Miete wird in der Regel bar und im Voraus bezahlt wobei eine Monatsmiete als Sicherheit vorher mitgebracht werden muss. Der Einzug erfordert also einiges an Bargeld.

Amerikanische Geldautomaten (ATM) spucken nahezu ausschließlich 20er aus. Man hat also dutzende Scheine mit dem Bild eines toten Präsidenten in der Tasche.
Mein Zimmer hat so etwa 10 m², Parkett, einen Wandschrank, ein Twin-Size-bed, Schreibtisch, es gibt einen Geschirrspüler, Klimaanlage (Natürlich! Wohnungen ohne sind in den USA nahezu unvermietbar), im Keller gibt es einen zum Haus gehörigen Waschsalon, es gibt einen 24h-Portier, eine Wache, Fahrstühle, einen Basketballplatz hinter dem Haus, irgendwo wohl auch einen Pool,... und alles für die 40 Jackson-Twins (pro Monat).
Vor dem Haus liegt zugegebenermaßen auf der einen Seite ein Highway (exzellente Verkehrsanbindung). Aber auf der anderen ein von Bäumen umsäumter Spielplatz (man spielt unter anderem ununterbrochen Cricket, Tennis, Basketball,..) und ein paar Meter weiter beginnt ein riesiger Park (mit großem See!).

Der Park dürfte dem geneigten Cineasten zumindest teilweise bekannt vorkommen, denn die beiden "UFOs" aus Men in Black (die mit der die Kakerlake abhauen will) stehen dort.

So wohne ich.
Und ich wohne
Max Mittag
61-20 Grand Central Parkway
Forest Hills, NY 11375
apt. B508
New York, USA


Ich teile die Wohnung mit einer werktätigen Frau und momentan ihrer College-Sommerferien habenden Tochter. Beide entspannt und "easygoing" und in zwei Wochen lacht die Tochter nicht mehr darüber wenn ich ihr erzähle, dass wir in Europa noch kleinere Autos als den VW Beetle haben! Und dann findet sie es auch nicht mehr seltsam Fahrrad zu fahren oder die Klimaanlage auszuschalten.

Die Gegend ist wie gesagt kulturell gemischt mit einem Hauch Osteuropa (Niemand kommt hier auf die Idee Schilder über Läden in Englisch zu verfassen). Osteuropa ist super, denn es versorgt einem mit etwas ungemein wichtigem: Essen!
Es gibt hier gelegentlich richtigen Käse, ab und zu auch mal echte Wurst ("Liverwurst") und (God save America) auch Radeberger ($1.20; englisches Etikett). Lebensmittel kosten in New York überraschenderweise einiges mehr als in Deutschland. Die preiswerte Restaurantalternative Supermarkt fällt für den geneigten Sparstrumpftouristen weg. Dafür sind andere Sachen billiger...

Mein Funkwecker funktioniert hier nicht. Wer also hoffte, dass seine Funkuhr ihm schon im Flugzeug verrät was die Stunde geschlagen, dürfte während seines Aufenthalts hier das Problem haben immer die Zeit umrechnen zu müssen.

Bis zur U-Bahn ist es leider eine Weile, aber ich habe jetzt ein Fahrrad. Der Verkehr in den USA ist etwas Besonderes, weshalb ich ihm in der nächsten Woche ein special widmen werde. Und so gebe ich zurück in die angeschlossenen Funkhäuser.

2 Kommentare:

Tiefseetaucher hat gesagt…

falls ich es noch nicht erwähnt habe: SCHIMMELIG vor neid.

bin gespannt, was noch so kommt.
u echt gut geschrieben, ich bin überrascht, muss ich zugeben.

Anonym hat gesagt…

howdy, hundelunge!!1

habe grade alle posts der letzten wochen überflogen, sounds really great dude.

sehr lebhafte beschreibungen, die örtlichen lokalitäten lassen sich auch dank googlemaps + streetview bestätigen: http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de&geocode=&q=Forest+Hills,+NY+11375,+61-20+Grand+Central+Parkway&sll=40.727617,-73.839412&sspn=0.023806,0.038452&ie=UTF8&ll=40.738653,-73.84653&spn=0.001488,0.002403&t=k&z=19&layer=c&cbll=40.738321,-73.846698&panoid=GPjcOsCNF8mUhL5_ciCh9A
also glaub ich mal du bist wirklich da, und nich in einem dem mond nachempfundenen fernsehstudio